Youtube setzt Mini-Partner vor die Tür: Wo bekomm ich schnell 940 Abos und 2800 Stunden Wiedergabezeit her?
Diese neue Regelung wird viele treffen, sehr viele. Denn sicher haben nur die wenigsten Videoproduzenten über 1000 Abonnenten für ihre Accounts, oder schlappe 4000 Stunden Wiedergabezeit in den letzten zwölf Monaten auf ihrer Habenseite. Doch genau diese beiden Messwerte sollen ab dem 20. Februar 2018 über die Möglichkeit zur Teilnahme am Youtube-Partnerprogramm entscheiden. Bäm. Und jetzt? Lohnt es sich für kleinere Anbieter dann überhaupt noch, aufwändige Videos zu produzieren? Schneidet sich das Videoportal damit nicht ins eigene Fleisch? Um diese und weitere Fragen will ich mich in diesem Beitrag kümmern.
Fangen wir mal an. "Wir nehmen Änderungen am YouTube-Partnerprogramm vor. Daher ist für deinen Kanal ab dem 20. Februar 2018 keine Monetarisierung mehr möglich", mit diesen netten Worten begrüßt mich Youtube seit gestern auf der Seite, hat zur Sicherheit auch eine very important Email in englischer Sprache in mein Postfach entsand. Danke. Jetzt bin ich echt am grübeln, was das soll. Zum einen verstehe ich diesen Schritt nicht, zum anderen blicke ich mit Sorgen auf die nächste Webspace Rechnung. Gut, die ist überschaubar, aber bislang haben sich Einnahmen und Kosten die Waage gehalten. Ein Hobby eben. Das Hobby kommt nun aus dem Gleichgewicht. Nur, damit Youtube noch mehr verdient? Ein Optionsfeld, mit dem man ausschließen kann, dass Werbetreibende und Youtube selbst ebenfalls nicht mehr mit den Inhalten der unliebsam gewordenen Geringverdiener werben dürfen, habe ich noch nicht entdeckt. Wo soll ich bis Februar nun die fehlenden 940 Abos und 2800 Stunden Wiedergabezeit herbekommen? Das wird wohl nix.
Welche Inhalte wertvoll sind
Ich bin jedoch sicher, dass viele Youtuber ihr Engagement überdenken werden. Schade, denn meiner Meinung nach sind genau das die interessanten Menschen, die ihre Hobbys, ihr Wissen, ihre Talente, ihre Kunst und viele andere pfiffige Themen mit anderen Youtube-Nutzern teilen. Inhalte, die für mich einen Wert haben, auch wenn sie nicht professionell produziert wurden und nicht selten nur wenige Abrufe generieren. Wer hat nicht schon mal ein Beitrag angeschaut, wo gezeigt wird, wie man am besten das Wohnzimmer streicht, wie ein Ölwechsel am Auto funktioniert, wie man in Photoshop ein Bild aufbereitet, wie man E-Gitarre spielt oder seine Fitness verbessert.
Vielmehr wird irgendwelchen Zocker-Freaks, nervigen Spaßvideos und immer häufiger auch PR-Produktionen eine lukrative Plattform geboten. Das halte ich für kein nachhaltiges Konzept. Doch gerade diese Accounts, die in die Online-Spaßgesellschaft passen, sammeln häufig die meisten Abonnenten. 1000 sind da kein Problem. Es ist wie immer. Die kleinen müssen büßen damit die Platzhirsche noch mehr einsacken. Umso länger ich schreibe, umso mehr ärgert mich das alles. Eigentlich wollte ich ja nur darüber berichten, wie ich schnell die geforderten Zahlen erreiche. Jetzt hab ich grade ganz andere Gedanken. Grrrrrr. Weg, weg, geht weg und weiter im Text.
Thema Facebook
Facebook kämpft aktuell mit einem Aktivitätsproblem der Nutzer. Dennoch sind die Bemühungen, den Video-Bereich auszubauen, nicht zu übersehen. Viele Videos landen mittlerweile eher im sozialen Netzwerk als bei Youtube, auch wenn hier nur die großen Publisher am Werbekuchen mitnaschen dürfen. Nun kappt Youtube einen letzten - und wie ich meine einen äußerst gewichtigen - Grund für Nutzer, ihre Inhalte überhaupt noch auf Youtube zu verbreiten. Einfacher und schneller geht das mittlerweile eh über sozialen Netzwerke. Die Freunde, Fans, Follower usw. stehen als potentielle Konsumenten bereits parat. Warum also noch Youtube nutzen? Für die Großen ist die Antwort weiter einfach, für viele Gelegenheitsnutzer sicher nicht.
Wer wie ich seine Inhalte nicht gerne in den sozialen Medien verballert, muss sich jetzt wohl oder übel Gedanken über Alternativen machen. Vielleicht lass ich das ganze Videozeugs in Zukunft auch einfach sein. Oder ich füge mich und greife nur noch erfolgsversprechende Themen auf, bettle in den Videos penetrant nach Abos und versuche ab sofort lustig zu sein, um schnell wieder einen Platz an der Webekuchentafel zu ergattern. (Nicht)
Das kann Youtube besser!?
In der Ankündigung schreiben Neal Mohan, Chief Product Officer und Robert Kyncl, Chief Business Office, dass die Größe von Accounts nicht alles sei. Ja um Himmels willen warum zieht man dann eine solch starre Grenze? In Zeiten von Big Data und künstlicher Intelligenz müsste es doch selbst Youtube und Mutterkonzern Google möglich sein, die Plattform und die Community vor Fake-Accounts, Spam und "schlechten Akteuren" zu schützen, ohne die Basis auszuschließen. Dass ich immer die passenden Werbeanzeigen gezeigt bekomme - plattformunabhängig versteht sich - klappt doch auch! Noch einmal Facebook: Mit der neusten Änderung möchte das Netzwerk wieder die Community und die Beitäge der einzelnen Nutzer stärken. Verlage und Unternhemensseiten sollen kostenlose Präsenz einbüßen. Ob das den Negativtrend umkehren wird, bleibt abzuwarten. Versuch macht klug. Ich finde, dass so ein Schritt auch Youtube gut tun würde.
Naja, vielleicht besinnen sich die Verantwortlichen noch einmal.
Neuen Kommentar schreiben